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Essbare Knospen

  • Erika Dittmeier-Ditzel
  • 1. März
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Apr.

Die pelzige Eberschen-Knospe und noch einige leuchtend orangefarbene Früchtchen vom Vorjahr.
Der Geschmack der dunkelbraunen, weißfilzig weich behaarten Ebereschen-Knospe erinnert an Marzipan.

Die Knospenzeit beginnt im Vorfrühling

Etwa ab Mitte Februar ist in der Natur schon deutlich zu sehen, dass die Knospen und das junge Grün zu sprießen beginnen. Wir können diese Grünkraft nutzen, um mit den erwachenden Pflanzenkräften wieder Schwung in unser Körpersystem zu bringen.


Ein Waldspaziergang wird zu einem Knospen-Entdeckungsspaziergang.

Die Knospen von Blättern und Blüten der Pflanzen öffnen sich zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Bei einem Spaziergang durch die Natur haben wir die Möglichkeit, viele Knospen zu bewundern, zu naschen und sie zu verwenden, bevor sie aufgehen und die Heilkraft sich wandelt.

 

Aber was sind Knospen eigentlich?

Knospen (lateinisch Gemma) sind bereits ab Spätsommer als kleine Ausstülpungen zu sehen, sie wachsen an Wachstumspunkten von Pflanzen. Weil sie von Blattschuppen schützend umhüllt sind, können sie Herbst und Winter gut überstehen. In der neuen Vegetationsperiode entwickeln sich die Knospen zu Trieben, Blättern und Blüten. Oft werden sie auch als die Augen der Pflanzen bezeichnet.

 

Knospen haben ein großes gesundheitliches Potential

In den Knospen ist dicht zusammengedrängt und noch unentwickelt das neue Leben der ganzen Pflanze enthalten. Denn vor dem Aufbrechen der Knospe ist die komplette genetische Information der Stammpflanze in den Knospenzellen versteckt. Es handelt sich um sogenanntes omnipotentes „Embryonalgewebe“ mit ganz besonderen Inhaltsstoffen und Heilwirkungen, die in diesem Umfang in den ausgebildeten Pflanzenteilen nicht mehr zur Verfügung stehen.

 

Knospenverwendung seit Jahrtausenden

Seit Urzeiten nutzen die Menschen die stoffwechselanregenden und verjüngenden Kräfte frischer Pflanzentriebe für Ernährung, Gesunderhaltung und Heilung. Die Verwendung von Knospen ist allerdings etwas in Vergessenheit geraten. Wer hat schon im Sinn, dass es sich beim Blumenkohl und Brokkoli, weißen und grünen Spargel, bei in Essig eingelegten Kapern oder Nelken um Knospen handelt.


Im Mittelalter beschreibt die Äbtissin und Heilkundige Hildegard von Bingen in ihren Büchern unter anderem die Heileigenschaften von Bäumen und Sträuchern und gibt detaillierte Informationen zur Anwendung der Knospen von Apfelbaum, Birke, Esche, Esskastanien, Haselstrauch, Heckenrose, Linde, Pappel und der schwarzen Johannisbeere.


Die heilsame Wirkung der aus Pappelknospen hergestellten Pappelsalbe ist bereits seit der Antike bekannt. Sie war berühmt für ihre wundheilende Wirkung und wurde auch zur Narbenpflege verwendet. 

 

Knospen für Vitalität und ein starkes Immunsystem

Immer mehr Menschen möchten sich mit Gesundem aus der Natur stärken. Wir unterstützen unsere Gesundheit ganz besonders, wenn wir essbare Knospen und junge Pflanzentriebe über unsere Ernährung zu uns nehmen. Ähnlich wie selbstgezogene Keimlinge und Sprossen schenken uns die Pflanzenknospen Vitalität und unterstützen das Immunsystem.

 

Die wertvollen Inhaltsstoffe der Knospen

Die Inhaltsdichte in den Knospen ist besonders groß, sie enthalten:

1. teilungsaktive Gene,

2. einen hohen Anteil an Proteinen,

3. Wachstumshormone,

4. Phytohormone,

5. Enzyme,

6. viele sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe (ätherische Öle, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Flavonoide, Anthocyane, Saponine)

7. sowie Harze, Mineralstoffe und Vitamine.

 

Die Geschmacksvielfalt von Knospen entdecken

Wenn ich jetzt im Wald spazieren gehe, nasche ich gerne von den Knospen verschiedener Bäume und Sträucher.


Spannende Aromen kann man auf einem Waldspaziergang mit Knospen-Naschen erleben:

  • mit einer Marzipantendenz,

  • säuerlich,

  • herb,

  • zusammenziehend,

  • bitter,

  • scharf,

  • mild,

  • süßlich,

  • aromatisch-würzig,

  • kokosartig

  • oder einfach belebend grün.

 

In meinem Garten lass ich mir die Knospen von Löwenzahn und Gänseblümchen schmecken.


Meine Knospen-Highlights

Zu meinen Lieblingsknospen gehört die Linde. Und wie schmeckt die? So wie es der Name ankündigt, nämlich lind. Ich finde sie ausgesprochen köstlich, mild, angenehm schleimig, süßlich, zart-aromatisch. Lecker sind die Knospen von der Sommerlinde (Tilia platyphyllos), genauso wie von der Winterlinde (Tilia cordata) und auch von der Silberlinde (Tilia tomentosa), die öfter in Parks anzutreffen ist.

Die Knospen von Sommer- und Winterlinde sind knubbelig, breit-eiförmig mit rötlichen Knospenschuppen.
Die Knospen von Sommer- und Winterlinde sind knubbelig, breit-eiförmig mit rötlichen Knospenschuppen.

Auch die Seitenknospen der Brombeere mag ich ganz besonders, denn nach längerem Kauen ist ein köstliches Kokosaroma zu schmecken. Diese jungen Knospen sind noch weich und ganz zart, auch wenn man teilweise schon sehen kann, was mal zu Dornen werden will. Die Knospen piecksen nicht beim Sammeln und auch nicht beim Kauen.

Auf einem Waldspaziergang nasche ich gerne von den jungen und zarten Seitenknospen der Brombeere.
Auf einem Waldspaziergang nasche ich gerne von den jungen und zarten Seitenknospen der Brombeere.

Zu meinen Knospen-Highlights gehören auch die Knospen der Schwarzen Johannisbeere. Sie schmecken aromatisch-fruchtig und beglücken mich mit ihrem sensationellen Cassis-Geschmack. Auch wegen der leckeren Früchte habe ich mir extra mehrere Sträucher in den Garten gepflanzt.

Schwarze Johannisbeere (Ribes nigrum) mit einer Endknospe und wechselständigen Seitenknospen.
Schwarze Johannisbeere (Ribes nigrum) mit einer Endknospe und wechselständigen Seitenknospen.

 

Wichtig beim Knospen-Naschen!

Knospen sind sehr wichtig für das Wachstum der Pflanze, deshalb sollte man besonders achtsam beim Sammeln vorgehen.

 

„Äpfel sammelt man im Kübel, Kräuter im Korb und Knospen im Fingerhut“

 

7 Regeln, die man beim Knospensammeln beachten sollte: 

1. WICHTIG: Nur Knospen sammeln, die man eindeutig bestimmen kann!!!

2. Kurz vor der vollständigen Öffnung der Knospen und Triebe ist die beste Erntezeit.

3. Nur so viel von der Pflanze nehmen, wie man im Moment braucht.

4. Der Pflanze gehören 2 von 3 Knospen fürs Wachsen, 1 darf gesammelt werden.

5. Achtsam mit bloßen Fingern oder einem scharfen Messer sammeln.

6. Nicht in der Nähe von befahrenen Straßen und konventionell bewirtschafteten Feldern sammeln.

7. Sich bei den Pflanzen zu bedanken, zeigt Wertschätzung und Respekt.

 

Knospen von Sträuchern und Bäumen für Anfänger:

Wichtig sind Pflanzen, die sich leicht bestimmen lassen, wie zum Beispiel Birke, Brombeere, Eberesche, Heckenrose, Linde.

 

Knospen können vielfältig in den Alltag integriert werden:

  • für die Knospenheilkunde (Gemmotherapie)

  • in Getränken

  • im Smoothie

  • in Salaten

  • für Knospensalz

  • zum Aromatisieren

  • zum Aufwerten von Süßungsmitteln

  • für Honigauszüge und Oxymel (Sauerhonig)

  • oder auch mal gekocht mit Gemüse

  • zum Strecken von Mehl (Mineralisieren) für Brot oder Kuchen (Verhältnis 1:10)

  • in der Hautpflege

  • zum Räuchern.


Nun wünsche ich viel Spaß bei einem Waldspaziergang mit Naschen von essbaren Knospen.


Herzliche Grüße

Erika

Veranstaltungstipps:

Ausbildung zum / zur Wildpflanzen-Praktiker*in

Erleben Sie, wie vielfältig sich Knospen verwenden lassen und wie groß die Bandbreite der Wildpflanzen-Verarbeitung ist. In dieser Ausbildung lernen Sie viele verschiedene Verarbeitungsmethoden kennen: für die genussvolle Wildkräuterküche, Hausapotheke und Körperpflege, für Räucherwerk und fürs allgemeine Wohlbefinden.

Weitere Informationen und die Anmeldung finden Sie hier.

Wildpflanzenführung im Naturpark Hessischer Spessart:

Knospen für Wildkräuterküche, Naturheilkunde und natürliche Körperpflege.


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